Dominanz bei Hunden: wann ist ein Hund dominant?

Viele Hundebesitzer bezeichnen ihren Hund als dominant. Vor allem im Zusammenhang mit schlechtem Gehorsam oder mangelhafter Leinenführigkeit wird die Dominanz des betreffenden Hundes gerne als Argument, ja sogar als Entschuldigung genannt. Doch ist das wirklich dominantes Verhalten, wenn der Hund mit auf dem Sofa sitzt, im Bett schläft oder vor seinem Herrchen durch die Tür geht? In diesem Text erfährst du, was es mit dem sogenannten dominanten Verhalten bei Hunden auf sich hat.

Was versteht man unter einem dominanten Hund?

Ein großer schwarz weißer Hund dominiert gegenüber einen anderen Hund auf einer Wiese
Dominanz unter Hunden: es ist von Hund zu Hund unterschiedlich, wie schnell er sich unterwirft und dies auch signalisiert. Möchten beide sich nicht unterwerfen, so kann es zu lauten aber meist kurzen Auseinandersetzungen kommen.

Als Hundetrainerin werde ich häufig angesprochen, ob ich dabei helfen kann, das dominante Verhalten eines Hundes abzustellen. Die Auslegung von dominantem Verhalten ist dabei recht vielfältig. Oft erklären Hundebesitzer damit den Ungehorsam oder die Sturheit ihres Vierbeiners. Manchmal aber auch wird Dominanz als Ursache für einen starken Schutztrieb, Futterneid oder Aggressivität gegenüber anderen Hunden oder fremden Menschen genannt. Manche Hundehalter glauben außerdem, dass ihr Hund sich dadurch über sie stellen und zum Rudelführer werden möchte.

 

Schauen wir uns zunächst einmal die Definition von Dominanz an. In der Ethologie beschreibt das Wort die Vorherrschaft und die Überlegenheit eines einzelnen Individuums über ein anderes. Dominanz ist demnach also kein Persönlichkeitsmerkmal, sondern tritt nur gegenüber anderen auf, zum Beispiel in Beziehungen. Hier wird somit recht schnell deutlich: es gibt zwar dominantes Verhalten beim Hund, aber eben nicht den dominanten Hund.

Dominanz und Verhalten bei Hunden im Rudel und in einer sozialen Gruppe

Um zu verstehen, was es denn nun mit dem dominanten Verhalten eines Hundes auf sich hat, müssen wir uns das Verhalten der Tiere in einem Hunderudel und in einer sozialen Gruppe ansehen. Ein Rudel unterscheidet sich dabei von einer sozialen Gruppe. Es ist eine feste Lebensgemeinschaft, in der die Tiere zusammen leben. Also auch zusammen fressen und schlafen. Dementsprechend gut kennen sie sich. Eine soziale Gruppe hingegen ist vom Menschen zusammengewürfelt, wie zum Beispiel die Mensch-Hund-Beziehung oder meine Gassi-Service-Gruppe. Auch in einer sozialen Gruppe gibt es keine Rangordnung im klassischen Sinn. Die Sorge vieler Hundebesitzer, dass der Hund sich über ihn stellen möchte, um der Chef zu sein, ist somit ebenfalls ziemlich unbegründet. Wenn dein Hund dir gefühlt auf der Nase herumtanzt und einfach nicht hört oder wenn er es ist, der mit dir Gassi geht, dann liegt das schlicht daran, dass er falsch oder schlecht erzogen ist. Auf keinen Fall ist Dominanz die Ursache. 

Großes Hunderudel
Im Rudel kann es in bestimmten Situationen zu Konflikten kommen.

Rudelverhalten und Rangordnung bei Hunden

Hunde-Erziehungstipps wurden nicht nur lange Zeit fälschlicherweise vom Verhalten der Wölfe im Rudel abgeleitet. Die Dominanztheorie entstand auch durch die Beobachtung von Wölfen, die in einem Gehege lebten und eben nicht in freier Natur. So kam es dann zu den Tipps, dass der Hund nie vor seinem Herrchen durch die Tür gehen oder nicht in dessen Bett schlafen sollte usw. 

In neueren Studien wurde deutlich, dass wilde oder frei lebende Hunde nicht in Rudeln mit festen Strukturen leben. Vielmehr wurden Aufgaben wie Gefahrenerkennung und Bewachen flexibel und situationsbedingt verteilt. Die Position des Leithundes fiel dabei dem Tier zu, das die besten Sinneswahrnehmungen hatte und so Bedrohungen etc. möglichst schnell erkennen konnte. 

 

Kämpfe um höhere Rudelpositionen kamen eher nicht vor. Lediglich im Zusammenhang mit dem Fortpflanzungstrieb gab es ernsthafte Auseinandersetzungen. Die Studien zeigen also, dass es weder den generellen Rudelführer noch das so genannte Alpha-Tier, das regelmäßig seine Machtposition verteidigen muss oder möchte, gibt. Eher sind es konkrete Situationen, in denen sich ein Hund dominant oder als Anführer aufführt. Das kann beispielsweise eine Situation sein, in der einer der Hunde einen Knochen besitzt und diesen gegenüber den anderen verteidigt. In dieser Verbindung könnte man von dominantem Verhalten sprechen, jedoch ist der Hund dann nicht  zwangsläufig und generell dominant. In einem Rudel, sprich bei Mehrhundehaltung, oder in einer sozialen Gruppe sollte daher immer versucht werden, Situationen mit hohem Konfliktpotenzial von vornherein zu umgehen. So sollten Hunde zum Beispiel getrennt gefüttert werden, wenn sie sehr futterneidisch sind oder aus fremden Näpfen klauen.

Kleiner Hund zieht an der Leine
Das Ziehen an der Leine wird oft als Dominanzproblem wahrgenommen, ist aber das Resultat mangelhafter Erziehung. Für diese Hunde ist nicht nur ein gut sitzendes Y-Geschirr besser, sondern auch ein Leinenführigkeitstraining nötig.

Dominantes Verhalten bei Hunden verbessern

Bei dem Verhalten von Hunden, das oft als Dominanz bezeichnet wird, handelt es sich in der Regel um natürliche, jedoch auch unerwünschte Verhaltensweisen. Daher gilt es, hier anzusetzen und diese durch regelmäßiges Training abzugewöhnen bzw. in das gewünschte Verhalten umzulenken. Viele Hundehalter sind überrascht, wie schnell sich zum Beispiel nach jahrelangem Zerren an der Leine erste Erfolge einstellen und die Leine locker bleibt. Genauso wird dein Hund in relativ kurzer Zeit aufhören, deine Signale zu ignorieren, wenn du konsequent mit ihm trainierst. 

 

 

Mit welchen Übungen und Tricks du schnell Fortschritte erzielst, zeige ich dir gerne persönlich in meinem Hundetraining. Rufe mich an oder schreibe mir und wir schauen gemeinsam, welches Training für dich und deinen Hund am besten geeignet ist. Ich freue mich auf euch!